Godori – Kampf der Blumen

Museum Reinickendorf / GalerieETAGE

1. April – 22. Mai 2022

Künstlerin

Surya Gied

Kuratorin

Suza Husse

Organisation

Künstlerhof Frohnau, in Kooperation mit dem Fachbereich Kunst und Geschichte Berlin-Reinickendorf

Ort

GalerieETAGE at Museum Reinickendorf

Alt-Hermsdorf 35

13467 Berlin

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Mit der Einzelausstellung von Surya Gied, Preisträgerin des Dieter-Ruckhaberle-Förderpreises 2021, präsentieren das Museum Reinickendorf und der Künstlerhof Frohnau ein vielschichtiges künstlerisches Schaffen, das malerische Techniken mit Oral History, Fotografien, Sound- und Videoarbeiten, Performance und Skulptur verschränkt. Surya Gieds aktuelle künstlerische Forschung stellt Räume und Formen für mehrdimensionale Geschichtserzählungen her, welche historische und gegenwärtige Lebensumstände und Kämpfe koreanischer Migrant*innen in Deutschland und koreanischer Reisbauer*innen verknüpfen.

 

In Godori – Kampf der Blumen verwebt Surya Gied verschiedene Erzähl- und Erfahrungsstränge zur kollektiven Biografie des Hauses ihrer Großeltern in Hwaho-Ri, Jeongub, einem kleinen Dorf in Südkorea. In zwei Installationen, die Malerei, Video-, Sound- und Textilarbeiten verbinden, kommt das Haus in seiner materiellen und sozialen Architektur zum Vorschein. Die Erzählungen der Frauen, die das Haus bewohnen und bewohnten, verbinden sich mit der Struktur des Hauses oder treten aus ihr hervor. Die Lehmwände und Dachmatten des Hauses wurden mit Stein und Ziegeln ersetzt nachdem Choonok Gied-Lee, die Mutter der Künstlerin, nach Deutschland ausgewandert war und ihrer Familie über Jahre den Großteil ihres monatlichen Einkommens als Krankenschwester schickte. Gemeinsam mit unzähligen anderen koreanischen, indischen und philippinischen Krankenschwestern, die in den 1960er und 1970er-Jahren als „Gastarbeiterinnen“ angeworben wurden, holte sie das westdeutsche Gesundheitssystem aus der Krise. In Südkorea brachten sie und eine Vielzahl koreanischer Auswanderer und Wanderarbeiter*innen mit der Unterstützung ihrer Familien die Volkswirtschaft während der Militärdiktatur in Schwung.

 

Durch die Räume der Ausstellung hören wir die Tanten, Mutter und Großmutter der Künstlerin erzählen vom Leben im Haus, das sie als einen Ort der Sehnsüchte, der Entfremdung und der Kämpfe beschreiben, geprägt von patriarchalen Verhältnissen ebenso wie von der kapitalistischen Entwertung bäuerlicher Arbeit und Ökologien. An anderer Stelle klingen ihre Stimmen lebendig in das  Kartenspiel Godori vertieft, schwatzend und sich neckend, lachend und fluchend. Angelehnt an ausgewählte Motive aus dem Spiel ist während Surya Gieds Residenzstipendium im Künstler*innenhof Frohnau im Sommer 2021 eine Serie von Bildern entstanden, in denen sich pflanzliche, menschliche, meteorologische und kosmische Figuren und Bewegungen in neuen Verbindungen wiederfinden. In der Ausstellung verbinden sie sich mit Relikten aus der institutionellen und häuslichen Infrastruktur des Ortes zu skulpturalen Remixes. Sie verweisen so auf die kulturelle, körperpolitische und migrantische Geschichte(n) des ehemaligen Waldhospitals Frohnau.
 
Hier befand sich bis in die späten 1980er-Jahre eine Außenstelle der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, in der viele koreanische Krankenpfleger*innen arbeiteten. 1998 wurde hier auf Initiative des Künstlers und Kurators Dieter Ruckhaberle der Künstlerhof gegründet. Die Malereien der Preisträgerin verleiben sich dieses patriarchale Erbe mit seinen Ecken und Kanten ein, machen es zur Prothese. Unehrfürchtig kommentieren diese skulpturalen Organismen auf die Leerstellen in männlich und weiß geprägten Kunst- und Kulturgeschichten und darauf, wie das was uns beschränkt zu etwas werden kann, was uns in Bewegung setzt.

 

Surya Gied (*1980 Köln) lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in Berlin. Sie studierte an der Universität der Künste Berlin und schloss 2008 ihr Studium als Meisterschülerin ab. Sie erhielt 2020 das Recherchestipendium der Senatskanzlei Berlin und 2021 den Dieter-Ruckhaberle-Förderpreis. 2022 ist sie mit einem Jahresstipendium der Pollock-Krasner Foundation, NYC und 2022/23 mit dem Stipendium Deutschen Akademie Rom Villa Massimo / Casa Baldi ausgezeichnet worden. Ihre Arbeiten wurden weltweit in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, unter anderem: Kunstraum Kreuzberg/Bethanien Berlin, Hillyer Art Space in Washington DC, PyeongChang Biennale Südkorea, University Delaware USA, Savvy Contemporary Berlin und Galerie Wedding Berlin.

 

Begleitprogramm

Vernissage: Freitag, 1.April: Mit einer Performance von SHIN Hyo Jin und Otto Oscar Hernández Ruiz.

Sonntag, 10.04.: Dialogische Führung mit Surya Gied und Suza Husse, gefolgt von einem Konzert von Zihern Lee (Gayageum / koreanische Zither).

Donnerstag, 28. April 2022: Gespräch und Lesung mit Kook-Nam Cho-Ruwwe, Suza Husse und Werken von Surya Gied. 

 

Künstlerische Zusammenarbeiten für die Textilarbeiten, Sound- und Videoproduktion: Emma Cattell, Ray Kaczynski und Angelo Wemmje.

 

Mit freundlicher Unterstützung der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, dem Ausstellungsfonds für die Kommunalen Galerien und dem Fonds Ausstellungsvergütungen Bildende Künstlerinnen und Künstler.