Anna Ehrenstein
Die albanisch-deutsche Künstlerin Anna Ehrenstein (*1993) untersucht Formen von Wissen und deren Konstruktion. Lebendige skulpturale und virtuelle Installationen hinterfragen vernetzte Objekte, Ideen, Gemeinschaften und Epistemologien in einer post-digitalen und neokolonialen Welt. Durch lensbasierte Medien, Textilien, Skulpturen, Installationen, soziale Interaktionen und schriftliche Arbeiten – mit einem Fokus auf Forschung und Kollaboration – erforscht sie, wie Technologie und digitale-materielle Kultur Machtverhältnisse neu gestalten.
Ehrenstein verfolgt einen Ansatz, den sie „precarious assemblage“ nennt, und arbeitet intensiv mit vielfältigen Materialien und Gruppen zusammen, insbesondere durch Süd-Süd-Kollaborationen, bei denen Ressourcen des globalen Nordens umverteilt werden. Sie versteht Kritik als einen Akt der Liebe und betont die radikalen Möglichkeiten spiritueller Koalitionen, Rituale, Neuroplastizität, kollektiven Verlernens und ständiger Erneuerung.
Geboren in Deutschland als Kind albanischer Eltern mit trans-osmanischen Wurzeln – albanisch, türkisch, kosovarisch und ägyptisch – beschäftigt sie sich mit Konzepten von Kreolisierung, Plastizität, Mythologie, islamischer und proto-science-fiction.
Bitches On Their Deen
In „Bitches On Their Deen“ arbeitete Anna Ehrenstein mit Irvin Cemil Schink, Moenirah Daniels, Mohamed Amjahid, Orhun Mersin und Keny Chan an einem Video-Essay, das Kunst, Philosophie und Technologie verbindet, um Amateur-Erotikbilder aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert des Osmanischen Reiches aus der Sammlung von Irvin Cemil Schink wiederzubeleben. Durch queere Geschlechtertheorien früher muslimischer Theoretiker wie Ibn Arabi oder Rābiʿa al-ʿAdawiyya al-Qaysiyya und zeitgenössische queere muslimische Stimmen in Berlin und Südafrika überschreitet das Projekt raumzeitliche und geografische Grenzen und belebt historische Erzählungen aus zeitgenössischer Perspektive neu.
Die zentrale Methodik nutzt KI-basierte Bild-zu-Video-Technologie, um statische Erotikbilder in dynamische, interaktive Szenen zu verwandeln. Diese Wiederentdeckung eines homo-orientalischen Geflechts wird zu einem metaphorischen Faden, der unterschiedliche Momente verbindet und Homo-Nationalismus kritisiert. Die animierten Figuren hinterfragen normative Erwartungen und verkörpern die Fluidität von Geschlecht und Begehren. Der Akt der Animation wird selbst zu einer performativen Intervention, die die Performativität kultureller Konstrukte widerspiegelt – die animierte Figur als Zustand eines ständigen Werdens. Die Zuschauerinnen erleben die fortwährende Transformation der Vergangenheit, wobei die Bewegungen der Charaktere die Vergänglichkeit historischer Erzählungen und die Beziehung zwischen einem Archiv und seinen zukünftigen Gefährtinnen widerspiegeln.